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Der Film

Zeitreise Büderich

Klima, Unwetter, Hochwasser

Mittelalterliche Klimaanomalie - Stadtwerdung

Der Beginn der Siedlung Büderich fällt in die Zeit der Mittelalterlichen Warmzeit, die auch als Mittelalterliche Klimaanomalie bezeichnet wird. Diese Warmzeit begann nach aktuellem Forschungsstand nach 900 und endete vor 1400. Die wärmste Zeit soll zwischen 950 und 1250 gelegen haben.1
Neben strategischen Gründen dürfte auch ein mit der langanhaltenden milden Witterung einhergehendes Bevölkerungswachstum die zahlreichen Stadtgründungen am Niederrhein in dieser Zeit begünstigt haben.


1342 suchte die sogenannte Magdalenenflut, das wohl schlimmste Hochwasser des gesamten 2. Jahrtausends im mitteleuropäischen Binnenland, auch das Rheinland und somit auch Büderich heim. Berichte aus Büderich liegen nicht vor, jedoch ist aus anderen Landesteilen bekannt, dass in den Jahren nach der Magdalenenflut kalte und nasse Sommer in Verbindung mit dem erodierten Boden zu Ernteeinbußen führten. In deren Folge kam es zu Hungersnöten, welche die Auswirkungen der in den Jahren 1346 bis 1353 grassierenden großen europäischen Pestepedemie zusätzlich verschlimmerten.2

Vielleicht als Reaktion auf die schlimme Flut ließ Graf Adolf I. bereits Ende des 14. Jahrhunderts Deiche zum Hochwasserschutz anlegen.3


Aus historischen Quellen geht hervor, dass in und um Büderich während der Mittelalterlichen Warmzeit Weinanbau betrieben wurde. Ein wesentlicher Wirtschaftszweig war auch der Weinhandel. So wird berichtet, dass 1389 23 Büdericher Weinhändler 21 Gulden für die Ausbesserung der Kirche spendeten.4 5
Das Wort Wingert bezeichnete einen Weingarten, somit zeugen im Raum Büderich noch einige Flurnamen vom einstigen Weinanbau: Hardswing beim Hof Eger und Op de Hesewing bei Elverich. Auch der Name Winkeling wird seinen Ursprung im einstigen Weinbau haben.

Petrus de Crescentiis, gedruckt von Peter Drach, Speyer, 1490/95; „Vom Ackerbaw“

In Ginderich, Hönnepel, den Gütern des Klosters Kamp und des Stifts Xanten wurde ebenfalls Weinbau betrieben.

Zisterziensermönche im Wingert; Quelle: Schloss Salem

Während 1417 der Kurfürst von Trier Werner von Falkenstein noch den niederrheinischen Wein lobte und „etliche Fuder“ bestellte, ließ die Güte offenbar alsbald nach. Um 1500 versuchte man trotz immer wieder kommender Missernten den Erwerbszweig zu halten. Man mischte Zucker und andere Früchte bei, doch der Wein blieb sauer. Der Weinanbau am Niederrhein fand nach 300 Jahren sein Ende.6

 

Kleine Eiszeit - Ende des Weinanbaus

Grund für die Missernten und das Ende des Weinanbaus am Niederrhein dürfte die Kleine Eiszeit sein, die im 15. Jahrhundert begann und bis in das 19. Jahrhundert hinein dauerte.7

Der wirtschaftliche Niedergang Büderichs ist letztlich auch eine Folge der klimatischen Änderungen. Diese verursachten auch in anderen Teilen Deutschlands und Europas Not und Elend, was wiederum zur Folge hatte, dass in den Kriegen des 17. Jahrhunderts, unter denen Büderich zu leiden hatte, viele Männer ihr Auskommen als Söldner in einem der Heere suchten.


Insbesondere die Wetteranomalie der 1430er Jahre brachte große Not mit sich.8

Der Historiker Dr. Robert Scholten veröffentlichte 1881 im Niederrheinischen Geschichtsfreund folgenden aus dem lateinischen übersetzten Bericht aus dieser Zeit:

1431 war ein sehr langer und ungewöhnlich rauher Winter, er begann um Martini und dauerte bis Petri Stuhlfeier, während dieser Zeit gingen die Leute mit Karren und Pferden über den Rheinstrom wie über eine gemeine Strasse; das Eis erreichte am Ufer und insbesondere bei Büderich eine Dicke von 18 Fuss, an den anderen Stellen, wie allgemein gesagt wurde, von 14 Fuss. Unser erlauchter Fürst und Herr Adolph, Herzog von Cleve und Graf von Mark, nahm dieses mit seinen Hofleuten Wenemar v. Heyden, Hermann Wye, Arnold Poulwick, Diedrich Smullinc und in Gegenwart vieler Anderen persönlich in Augenschein und überzeugten sich durch Messen von dieser Dicke des Eises. — In demselben Jahre Anfang März war eine sehr grosse Uebersehwemmung, wie sie seit Menschen Gedenken nicht stattgehabt. In eben dieser Zeit bahnte sich der Rhein in Folge dieser Wassermassen neue und ungewöhnliche Wege und mehrere Auswege (nouas fecit et insolitas et plures exitus) und verdarb Gräben und Felder der Bewohner des clevischen Landes in bedauerlicher Weise.9

1450 wird in alten Ratsprotokollen das Hagelkreuz erwähnt, dort heit es: an gen Kruis10

1461 und 1463 verordnete Herzog Johann I., dass die Büdericher Befestigungen, die sie am Rheinufer gegenüber der Grav-Insel errichtet hatten, wieder zu entfernen hätten, da diese den Rhein einengen und so die Insel gefährdeten.20

1540 suchte eine extreme Dürre Mitteleuropa heim, in der es in weiten Teilen über die Dauer von elf Monaten nahezu keinen Niederschlag gab. Zu Büderich liegen uns hierzu leider keine Aufzeichnungen vor.11

 

Wetter- und Teuerungsberichte

Für folgende Jahre liegen aus der Gegend folgende Schilderungen vor:10
 

Anno 1557 is ein sehr dure tyt in den Korn gewesen, also dat umb Johannes to midsommer 1 mltr. Cleefscher maten gelt 6 daler (als hiervoer 2 blader to sien).

Das Jahr 1557 ist das Korn sehr teuer gewesen, so dass in der Zeit um Mitsommer (21. Juni) und Johannes (24.Juni) 1 Malter klevischen Maßes 6 Taler galten.

Anno 1564 tusschen den 18. und 19. February des nachtz is ein schrecklich fewr (Feuer) in der lucht gesien duerende bynae den gantzen nacht, woewael ein groete kelt und hart gevraren, und is ditselve und derglycken fheyren darnae up voel ortren und tyden gesien worden.

Im Jahr 1564 zwischen dem 18. Und 19. Februar ist des nachts ein schreckliches Feuer am Himmel gesehen worden. Es dauerte beinahe die ganze Nacht, obwohl eine große Kälte herrschte und es hart fror. Dasselbe und dergleichen Feuer ist darnach an vielen Orten und Zeiten gesehen worden. - (Um welches Ereignis es sich hier handelt ist nicht bekannt, möglicherweise handelte es sich um einen sogenannten Roten Kobold. )

Anno 1564 den 17. December hefft bestain antofrysen und geduert bis den 25. February anni 1565, und hefft der Rhyn (wiewohl hie eindrechtlich stundt) sich tweemall versatt und eyn groot water mitbracht, also dat die Hetter und umb Buerick gantz ingelopen und under waters gestanden, und darup weder so hart gefraren, dat men van der Steinstraten vur Wesel an bis under Xaneten to Luytingen aver dat Yss mit wagen und karren gedreven, gereden und gegain hefft. Und is darnae dat Yss mit so groten water affgegain, dat et den 1. 2. und 3. Aprilis aver alle Dycken van Duysberg af bis beneden der Betouwen an beiden syden des stroms gelopen, und groten elendigen schaden an beesten, huyseren, dorperen, dycken und Steden gedain, dat Orssover veldt, Gindericher veldt, und mehr ander voel landtz tosamen mit sandt belopen. Tho Lendt tegen Nymegen aver die Wahl 17 huyser in den grundt umb gedreven und by Xaneten als Luytingen, Ward und Vinen by die duysent beesten verdruncken. Und hefft dat water by die 14 dage so groit gebleven, dat men alle dorperen und huyslued bynnen den dycken geseten spysen möten. Oik alle wynterkorn van weith, rog und garst tosamen verdruncken und, als die huysluyde wederumb geseiet, is ein hoywater darup gekommen und solichs wederumb verdorven, also dat sie 3 reisen (mal) seyen moten. Daruyth dan erfolgt, dat ein so grote duerheit in dat saetkom entstanden, wie je gehoert, 1 mltr. weitz Cleefscher maten by die 6 daler, 1 mltr. roggen 5 daler und sunst alle körn na ordinnant, und is sulche duerte vast gebleven in September, October, November, dat 1 mltr. weitz noch 5 daler und 1 mltr. rogg 4 daler gegolden und folgentz in December und anno 1566 im January, February, Martio, Aprilis tuid Majo vort nae by denselven priess, doch in Majo sich gelindert und die rogh kommen up 14 gülden current, doch die weet up die 5 daler verbleven.

Im Jahr 1564 hat es am 17. Dezember angefangen zu frieren und angedauert bis zum 25. Februar des Jahres 1565. Der Rhein hat sich zweimal versetzt und viel Wasser mitgebracht, so dass die Hetter und um Büderich ganz zugelaufen und unter Wasser gestanden haben. Darauf hat es wieder so hart gefroren, dass Menschen von der Steinstraße von Wesel bis unter Xanten nach Lüttingen über das Eis mit Wagen und Karren gefahren, geritten und gegangen sind. Danach ist das Eis mit so einer großen Menge Wasser abgegangen, dass es am 1., 2. und 3. April über alle Deiche von Duisburg an bis bei der Betouwe an beiden Seiten des Stroms gelaufen und großen, elendigen Schaden an Tieren, Häusern, Dörfern, Deichen und Städten hinterlassen hat. Das Orsoyer Feld, Gindericher Feld und weitere Flächen sind mit Sand überschwemmt worden. In der Gegend von Nimwegen sind an der Waal 17 Häuser in den Grund getrieben worden. Bei Xanten, Lüttingen, Ward und Vynnen sind tausend Tiere ertrunken. Das Wasser ist 14 Tage so hoch stehengeblieben, dass Menschen aller Dörfer und Hausleute auf den Deichen sitzen und dort speisen mussten. Auch das gesamte Winterkorn des Weizens, Roggens und der Gerste ist untergegangen und, als als die Hausleute erneut gesät haben, ist darauf ein Hochwasser gekommen und selbiges wiederum verdorben hat, so dass sie drei mal säen mussten. Darauf folgte eine große Teuerung, wie man hörte, 1 Malter Weizen klevischen Maßes um die 6 Taler, 1 Malter Roggen 5 Taler und sonst alles Korn nach …….. Die Teuerung dauert an im September, Oktober, November, so dass 1 Malter Weizen noch 5 Taler und 1 Malter Roggen 4 Taler kosteten. Im folgenden Dezember und im Jahr 1566 im Januar, Februar, März, April bis Mai galt weiterhin derselbe Preis. Im Mai lindert es sich, und der Roggen kostete 14 Gulden, doch der Wert des Weizens verblieb bei 5 Taler.

Anno 1571 is gewest einen warmen lustigen furwinter, also dat nyt gefraren noch Snee gefallen biss up Sent Paul bekerong dach anno 72 und daselfs angefangen to sneien wael 14 dage aver den anderen dach na den anderen, also dat ein grot geweldich Snee gefallen, und darop gefraren also hart, dat der Ryn vier dag na Sent Peter ad Cathedram tegen Einblick und so hinaff biss tbo Nymegen gaen sitten, dat men daraver gefairen und gegain hefft, und hefft den 6. Martii bestain the dayen, also dat der Ryn weder den 9. Martii vortgegaen und dat iss sonder schade oder grote water verschaten, oick der Snee merendeil sonder regen sich verlaren.

1571 ist ein warmer froher Winter gewesen, es hat weder gefroren, noch ist Schnee gefallen. Erst an Sankt Paul Bekehrung (25. Januar) 1572 hat es angefangen zu schneien, wohl 14 Tage lang. Es ist also eine gewaltige Menge Schnee gefallen und darauf gab es harten Frost, so dass der Rhein vier Tage nach Sankt Peter ad Cathedram (22. Februar) gegen ….. und so hinab bis Nimwegen gefror, so dass darüber gefahren und gegangen wurde. Am 6. März begann es zu tauen, so dass der Rhein am 9. März floss und großen Schaden brachte. Auch der Schnee löste sich vom Regen größtenteils auf.

Anno 1572 den 17. Aprilis den namiddach umb vyff uhren is ein erschrecklich donnerweder entstanden baven die Stat Cleve und so hefftich gehagelt und geregent, dat grote schade daruyth entstanden und etlich mueren umgelopen und ghein huiss binnen Cleve gewest, dair nit durch dat dach geregent. und der donder is in Molenkemps toren (der frühere St. Johannisthurm) upter Borch geslagen doch sonder schade, die hagelstein sein merendeil groter gewest als hasennotten.

Am 17. April 1572 nachmittags um fünf Uhr ist ein schreckliches Donnerwetter entstanden oberhalb der Stadt Kleve und es hat so heftig gehagelt und geregnet, dass großer Schaden dadurch entstanden und etliche Mauern umgelaufen? und kein Haus in Kleve gewesen ist, wo es nicht durch das Dach geregnet hat. Der Blitz ist in Molenkemps Turm auf der Burg eingeschlagen….. Die Hagelsteine sind größtenteils größer gewesen als Haselnüsse.

Anno 1572 den 1. Novembris hefft het angefangen to frysen und geduirt bis up driekoning avent anno 1573 und is dat water ilentz upgelopen, also dat tusschen den 9. und 10. Januarii baven Xancten, under Xancten bis für Cleve, alles ingelopen, wie dan den 10. dach oick Cleverhammer und den 11. die Duiffel ingelopen.

Am 1. November 1572 hat es angefangen zu frieren und angedauert bis auf Dreikönig (6. Januar) abends im Jahr 1573. Das Wasser ist schnell gestiegen, so dass zwischen dem 9. und 10 Januar oberhalb Xantens, unterhalb Xantens bis Cleve alles vollgelaufen ist, dann am 10. Tag auch Kleverhamm und am 11. die Düffel.

Anno 1572, als der hertough van Alba den 24. Octobris binnen Nymegen mitten hofleger sich begeven, und die Goesen Hollandt und die Grafschaft Zutphen mit die overisselsche Steden (uytgescheiden Deventer) oick die Steden an der Zeekant up Velouwe inhadden, so hefft der van Alba niemanden gestadet einige comertia mit up- und affueren tho dryven, dardurch dan erfolgt, dat ein grote duyrte hierher tho lande gekommen, also dat ein Embricks malder saltz gegolden 16 Philipsdaler, die dann gemaekt 16 goldgulden 32 Alb. Ein ton herings tho Nymegen in anfanck des 73. Jairs 12 daler und tho Coln 14 daler, ein Pfd. Stockfisch 4 oick 5 und 6 alb., 1 mltr. weitz Cleefsch. mat. 5 daler, 1 mltr. Rogg 5 daler, 1 mltr. gerst 3 daler, 1 mltr. havern 2 Ryd., 1 mltr. boickweitz 2 daler.

Im Jahr 1572, als Herzog Alba am 24. Oktober in Nimwegens Mitte Hofstadt gehalten hat und die Geusen Holland, die Grafschaft Zutphen mit den overijsselschen Städten (außer Deventer), auch die Städte an der See oberhalb Velouwe inne hatten, hat Alba niemandem gestattet Waren zu transportieren. Dadurch kam es zu einer großen Teuerung im Lande, so dass Emmerichs Malter Salz die erst 16 Philipstaler kosteten dann aber 16 Goldgulden 32 Alb. Eine Tonne Heringe zu Nimwegen kosteten am Anfang des Jahres 73 12 Taler und zu Köln 14 Taler , ein Pfund Stockfisch 4 oder auch 5 und 6 Alb., 1 Malter Weizen klevischen Maßes 5 Taler, 1 Malter Roggen 5 Taler, 1 Malter Gerste 3 Taler, 1 Malter Hafer 2 Ryd., 1 Malter Buchweizen 2 Taler.

Isack van Ostade, um 1645, Eislandschaft mit Schlitten und eingefrorenen Booten; Quelle: GeoForschungsZentrum Potsdam

 

Untergang Dornicks

Für das 17. Jahrhundert sind drei extrem harte Winter für Westeuropa verzeichnet:12

Im Jahr 1650 berichtete Richter Peter Buyssen an die Regierung in Kleve, wie Pfarrer Wilhelm Wolff in seinem Buch schreibt, dass in seinem Bezirk etliche ganze Dorfschaften vom Rhein hinweggenommen seien, benehmentlich das Dorf Dornick, davon nichts mehr übrig geblieben sei, das Dorf Elverich, davon nur noch 1 Haus übrig sei, ferner die Bauernschaft Perrich, welche vor Zeiten wohl 25 Häusergehabt und itzo nur 5 davon übrig seien.

Da im Jahre 1596 die Herrlichkeit Dornick noch existierte, wie aus einer Urkunde hervorgeht, muss es zwischen 1596 und 1650 zu einer ungeheuren Flut gekommen sein, bei der der Rhein sein Bett zwischen Büderich und Spellen weiter nach Westen verlagerte und dabei die überlieferten Schäden verursachte.13 14

Daraus kann geschlossen werden, dass es im Jahr 1608 zu dieser Katastrophe kam. Der Rhein muss mächtig zugefroren gewesen sein. Während des Tauwetters muss es dann zur einer Flut gekommen sein, die Dornick sowie große Teile von Elverich und Perrich mit sich riss.

 

Jahrtausendwinter, Angliederung einiger Rheininseln

In die Geschichtsschreibung eingegangen ist der Jahrtausendwinter von 1708/1709. Dieser hatte in weiten Teilen Europas Ernterausfall, Dürre und Hungersnot zur Folge.15 Auch der Winter von Oktober 1739 bis Juni 1740 muss verheerend und mit dem Winter von 763/764 vergleichbar gewesen sein.

1740 kam es bei Elverich zu einem Deichbruch.

Wie aus Urkunden des Klosters Gertrudenthal hervorgeht, erhielten Nonnen des Klosters vom Pfalzgrafen Karl Theodor die Erlaubnis drei Tage in Mannheim und vierzehn Tage im Kurfürstentum sammeln zu dürfen. Den beiden Nonnen Maria Katharina Renffers und Bernadina Schambsdbourg solle kein Hindernis in den Weg gelegt werden, ihnen sei stets behilflich zu sein, da das Kloster noch unter den letzten Kriegswirren und einer Überschwemmung leide.

Rheinverlauf von Duisburg bis Arnheim 1713, gezeichnet von Johann Bucker:

1765 wurden im Bezirk Kleve von 25 Rheininseln 19 mit dem Ufer der jeweiligen Anliegerortschaften verbunden. U.a. wurde die Grav Insel, die damals auch die Büdericher Insel genannt wurde, mit dem rechten Rheinufer verbunden.

Nicht zu verwechseln ist die Insel mit der heutigen Büdericher Insel, die durch den Bau des Büdericher Kanals zwischen von 1785 bis 1787 entstanden ist, hierzu später mehr.

1788 entstand aufgrund des Bislicher Kanals die linksrheinisch gelegene Bislicher Insel.16

 

Büdericher Kanal und Büdericher Insel

Im durch vulkanische Ereignisse ausgelösten weltweit extremen Winter von 1783 / 1784 gefroren in Mitteleuropa fast alle Gewässer. Zudem war der Winter in kurzen wärmeren Perioden sehr schneereich. Um den 23. Februar herum brachte ein plötzlicher Warmlufteinbruch begleitet von heftigen Regenfallen die enormen Schneemassen zum Schmelzen. Das Eis der Flüsse brach und staute sich auf. Das folgende Frühjahrshochwasser war eine der größten Naturkatastrophen der frühen Neuzeit in Mitteleuropa und hatte eine wahre Eisflut zur Folge.17

Zwischen Rheinberg und Büderich kam es in dieser Zeit zu sieben Deichbrüchen, Wasser drang am 28. Februar gegen Mitternacht in die Stadt ein. Pfarrer Rechtmann beschrieb die Lage wie folgt: In den Häusern stieg das Wasser fussweise empor; dabei war es sogleich zu Eis erfroren. Am nächsten Morgen: Alles war von Eis und Wasser angefüllt. Wohl wünschte man sich von den Dächern herab einander Glück zu, dass man die schauervolle Nacht überstanden habe; aber das Wasser wuchs weiter... Es stand an den höchsten Stellen in der Stadt bei 10 Fuss hoch. Es ergoss sich noch immer mit größter Gewalt über den Deich. Fürchterliche Eisberge trieben den ganzen Tag an Büderich vorbei.3

Die Leute suchten im hinteren Teil der Stadt Schutz. Trotz der dramatischen Lage ist kein Büdericher ums Leben gekommen, wohl aber etwa hundert Rinder. Gegen Abend begann das Wasser wieder zu sinken. Am Montag dem 1.März konnte man wieder trockenen Fußes durch das kath. Pfarrhaus gehen, am 10. März stand nur noch im tief gelegenen Grintenorther Viertel Wasser. Lebensmittel wurden von Wesel herübergeschafft. Als Folge waren keine einzelnen Felder mehr zu erkennen, dennoch erholte sich der Boden.18

1787 war ein weiteres Katastrophenjahr, bedingt durch Hagelschlag.18

Aufgrund der bedrohlichen Lage begann man auf Veranlassung Friedrich des Großen 1785 zum Schutz der Weseler Zitadelle vor Hochwasser und Eisgang den Büdericher Kanal zu bauen. Dieser Entlastungskanal hatte zunächst eine Breite von 60 Fuß (19 m) und eine Länge von 404 Ruten. Die Arbeiten waren 1787 abgeschlossen, bevor durch neuerliche Hochwasser in den Jahren 1795 und 1799 Wasser- und Eismassen sich ihren Weg durch den Kanal brachen und dieser auf eine Breite von 194 m wuchs. Das ursprüngliche Hauptstrombett versandete nach und nach, der Kanal wurde zum Hauptstrombett. Um die Schifffahrt zu erleichtern verbreiterte man ab 1890 den Kanal, also das neue Hauptstrombett auf eine Breite von 300 m.3

Der extreme Winter von 1783 / 1784 führte auch in Frankreich zu Ernteausfällen und einer drastischen Verteuerung des Brotes. Neben anderen Gründen war das ein treibender Faktor für die Französische Revolution,21 in deren Folge es zum Krieg mit Preußen und Österreich kam und Frankreich 1794 das linksrheinische Rheinland besetzte und 1795 annektierte. Die Folgen für Büderich, die zur vollständigen Zerstörung der Stadt im Dezember 1813 führten, sind bekannt.

 

Extreme Wetterereignisse des 19. und 20. Jahrhunderts

1848, 1894 und 1914 gefror der Rhein.

Kartenspiel auf dem zugefrorenen Rhein


1920 und 1926 kam es zu Hochwassern, bei denen das Wasser den Ortskern (Neu-)Büderichs erreichte. Zu einem Deichbruch kam es nicht, das Wasser lief jedoch quasi von hinten über Werrich, Ginderich und Menzelen herein nach Büderich.
Das Hochwasser des Jahres 1926 übertraf das des Jahres 1920 bei weitem. Während 1920 nur Keller vollliefen, waren nun die Wohnstuben betroffen. Das Vieh wurde in die katholische Kirche St. Peter getrieben. Gefährdete Menschen kamen ebenfalls in der Kirche oder der kath. Schule in der Rheinstraße unter. 40 Bewohner der Winkeling kamen bei den Schwestern im Haus Marien unter.19


Im Winter 1928 / 1929 fror der Rhein zu:


 

Auch 1942 gefror der Rhein:


 

Zu bedrohlichen Wasserständen kam es 1993 / 1994 und 1995. So drohte am 6. Januar 1994 das Grund- und Hochwasser die Stromversorgung des Fernsehsenders stillzulegen.22

 

Marcus Abram

Quellen:

  1. Wikipedia: Mittelalterliche Klimaanomalie
  2. Wikipedia: Magdalenenhochwasser 1342
  3. Jörg Lorenz: Dem Erdboden gleichgemacht. Zeugnisse zur Geschichte der alten Stadt Büderich. Weseler Museumsschriften Band 25. Rheinland-Verlag, Wesel, 1989, ISBN 3-7927-1119-2, Seite 62, 63
  4. Margret Wensky: Zur Geschichte von Alt-Büderich in Büderich, in: Beiträge zur Stadtgeschichte, Selbstverlag des Stadtarchiv Wesels, 1987, ISBN 3-924380-04-X, Seite 25
  5. Martin Wilhelm Roelen, Margret Wensky: Untergang und Neubeginn - vom alten und neuen Büderich, Selbstverlag des Stadtarchiv Wesels, 2013, ISBN 978-3-924380-30-4, Seite 50
  6. Bernd Nettelbusch: Der Wein war sauer - Aus Ratsprotokollen und Kirchenbuch IN Unsere Heimat, Heimatverein Büderich und Gest e.V., Heft 3, 1985
  7. Wikipedia: Kleine Eiszeit
  8. Wikipedia: Wetteranomalien der 1430er Jahre
  9. Robert Scholten: Einige Witterungs- und Theuerungsberichte aus dem 15. und 16. Jahrhundert IN Niederrheinischer Geschichtsfreund, Kempen, 31. Mai 1881
  10. Bernd Nettelbusch: Unwetter und Hagelschlag vor 200 Jahren IN Unsere Heimat, Heimatverein Büderich und Gest e.V., Heft 5, 1987
  11. Wikipedia: Dürre in Mitteleuropa
  12. Wikipedia: Liste von Wetterereignissen in Europa
  13. Wilhelm Wolf: Geschichte der evangelischen Gemeinde Büderich bei Wesel, Heft 1, Lehe, 1912
  14. Theodor Bergmann: Haus und Hof Dornick bei Büderich IN Unsere Heimat, Heimatverein Büderich und Gest e.V., Heft 3, 1985
  15. Wikipedia: Jahrtausendwinter von 1708/1709
  16. Bernd Nettelbusch: 200 Jahre Büdericher Insel IN Unsere Heimat, Heimatverein Büderich und Gest e.V., Sammelband, 2005
  17. Wikipedia: Winter 1783/1784
  18. Wolfgang Gertges: Hochwasser 1784 IN Unsere Heimat, Heimatverein Büderich und Gest e.V., Sammelband, 2005
  19. Bernd Nettelbusch: Chronik des Marienhauses, Krankenhaus zu Büderich IN Unsere Heimat, Heimatverein Büderich und Gest e.V., Heft 13, 1995
  20. Robert Scholten: Das Karthäuserkloster Insula Reginae Caeli auf der Grave bei Wesel IN Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Zweiundfünfzigstes Heft, Köln, 1891, Seite 73
  21. Wikipedia: Französische Revolution - Teuerung als sozialer Treibsatz
  22. Rheinische Post (21. Dezember 2018): Vor 25 Jahren: Das Weihnachtshochwasser